Fassbau in Mitteldeutschland: Gut Wein will Weile haben

31. August 2022 | Lesezeit: ca. 4 Minute(n)
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Vanille, Schokolade, Karamell: Gute Weine zeichnen sich durch ihre besondere geschmackliche Note aus, die sich vor allem durch die Einlagerung in hochwertige Weinfässer ergibt. Böttcher Carsten Romberg aus Naumburg war schon als Kind am Fassbau beteiligt und weiß, was den Gaumen erfreut. Wir haben mit ihm gesprochen.

Wie entsteht eigentlich dieses spezielle Weinaroma, das ein Edelstahltank nie hervorbringen könnte? Böttcher Carsten Romberg kennt die Antwort: In seiner Böttcherei in Naumburg werden pro Jahr gut 30 Fässer mit einem Fassungsvermögen von bis zu 7000 Litern produziert, die unter anderem für das jährliche Winzerfest in Freyburg allerlei Gaumenfreuden bereithalten.

Aromatische Unterschiede: Weinfass vs. Edelstahltank

"Die größte Herausforderung bei der Produktion von Weinfässern ist die Auswahl des Holzes", sagt Carsten Romberg, der über 24 Jahre Berufserfahrung vorweisen kann. Immerhin ist die Qualität des Weines maßgeblich von der des Holzes abhängig, weshalb er für seine Fässer vorrangig Eichen aus der Region Südharz verwendet, die sich durch eine hohe Härte und einen feinjährigen Wuchs auszeichnen. "Der spezielle Geschmack beim Einlagern von Wein in Weinfässern kommt aber vor allem durch das sogenannte Toasten, auch Nachfeuern genannt", erläutert der Naumburger Böttchermeister. "Hierbei wird das Holz der Fässer über einem Holzfeuer gebogen. Was vorher steinhart war, lässt sich durch die Hitze wölben und kann allmählich in die Form des Fasses gebracht werden. Aber die Hitze sorgt eben auch dafür, dass der Holzzucker karamellisiert, wodurch Aromen freigesetzt werden." Ob Vanille, Karamell, Kokos, Schokolade oder Rauch: Je nachdem, wie kräftig der Toast ist, finden unverwechselbare Geschmacksnoten ihren Weg in den Wein. Allerdings machen sich diese nur im ersten oder zweiten Jahr der Einlagerung bemerkbar – nach ein bis zwei Befüllungen bleibt ein normales Holzlagerfass zurück.

Umso wichtiger, dass wenigstens bei den ersten Weinchargen das volle geschmackliche Potenzial ausgeschöpft wird. Und dafür ist vor allem eins gefragt: Geduld. "Manche Winzer beginnen zu früh, den Wein auszuschenken oder abzufüllen", so Böttcher Carsten Romberg. "Für einen guten Wein gilt es, den richtigen Zeitpunkt abzupassen. Wenn er lange genug auf dem Holz liegt und atmen kann, wird er fülliger, weicher und runder."

drei Weinfässer lagern unter freiem Himmel

Früh auf den Geschmack gekommen

Das trifft besonders auf Rotweine zu, die im Vergleich zu weißen Weinen mehr Holz vertragen. Spritzige Weine und Weißweine wie Riesling fühlen sich hingegen tendenziell im Edelstahltank wohler, der in der Summe auch pflegeleichter als ein Holzfass und besonders für große Mengen geeignet ist.

Das ist übrigens auch ein Grund, warum nach der Wende fast ausschließlich auf Edelstahltanks gesetzt wurde und zahlreiche Betriebe die Segel streichen mussten. So auch der von Carsten Romberg, der bereits mit 13 Jahren in der Ferienarbeit auf den Geschmack gekommen ist. Zwar zunächst nicht hinsichtlich des Weines selbst, aber was die Fässer betrifft. "Als ich damals als Kind in diesem großen Fasskeller mit seinen enormen Weinfässern stand, war es um mich geschehen: Ich wusste sofort, dass ich so etwas machen will. Zumal ich mich schon im Werkunterricht in der Schule nicht schlecht angestellt habe und ohnehin in Richtung Holz gehen wollte." Nachdem das Böttcherhandwerk nach der Wende kaum noch Betätigung fand, hat Carsten Romberg zunächst eine Trockenbaufirma gegründet, mit der er auch recht erfolgreich war. "Aber für mich war immer klar, dass ich zurück zum Fassbau will, wenn sich die Gelegenheit bietet."

Und die bot sich. Denn irgendwann merkten die Leute, dass Menge nicht alles ist und begannen, sich wieder auf den besonderen Geschmack der in Weinfässern eingelagerten Weine zu besinnen. Perfekt für den Böttcher aus Leidenschaft Carsten Romberg, der 2006 endlich seinen eigenen Fassbaubetrieb gegründet hat und seitdem Lagerfässer zwischen 600 und 7000 Liter für die Winzervereinigung Freyburg, das Landesweingut Kloster Pforta und viele andere Kund*innen fertigt.

Vom Biegen, Dübeln und Versiegeln

Die Arbeitsschritte zum fertigen Produkt sind Carsten Romberg nach all den Jahren längst in Fleisch und Blut übergegangen: Nach dem Biegen des Holzes werden die Weinfässer mit verzinkten Stahlreifen eingebunden, die Böden gedübelt, mit Schilf abgedichtet und das Holz der Außenfläche mit farblosem Lack versiegelt. Je nach Vorstellung der Auftraggeber*innen kommen individuelle Verzierungen und Extras wie Zapflochklappe, Probierhahn oder Kühlplatten hinzu. Was bei Carsten Romberg auch keinesfalls fehlen darf: das Toasten. "Viele Betriebe biegen das Holz unter Dampf", so der Böttchermeister. "Bei uns kommt stets Feuer zum Einsatz, weil das geschmacklich schon noch mal einen kleinen Unterschied ausmacht." Und diesen kleinen, aber durchaus feinen Unterschied wissen nicht zuletzt die Besucher*innen des Winzerfestes in Freyburg zu schätzen.


Adresse Böttcherei Romberg:
Carsten Romberg, Weinberge 50, 06618 Naumburg-Roßbach

  • Anfahrt zur Böttcherei

  • RB 77 aus Richtung Naumburg, Freyburg und Wangen bis Haltestelle Naumburg-Roßbach

  • 610 aus Richtung Naumburg, Freyburg und Nebra bis Haltestelle Roßbach

Bildquelle: Christian Hüller


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