Hobby-Imker: Flüssiges Gold im eigenen Garten
17. Juni 2021 | Lesezeit: ca. 5 Minute(n)Seit fünf Jahren kümmert sich Philipp Schmidt im Garten der Großeltern hobbymäßig um mehrere Bienenvölker, die ihm jährlich kiloweise Honig liefern. Er ist damit einer von vielen Hobby-Imkern in Deutschland.
Bienen spielen im Leben von Philipp Schmidt eine wichtige Nebenrolle. Als er den Roman "Die Geschichte der Bienen" der Norwegerin Maja Lunde gelesen hatte, saß der Stachel der Bieneneuphorie tief und ließ ihn nicht mehr los. "Ein tolles Buch, in dem man Seite für Seite miterlebt, dass wir Menschen mit der Natur, vor allem konkret mit Bienen, bewusster umgehen müssen", schwärmt er. Bienen sind bekanntlich für die Bestäubung zahlreicher Pflanzen verantwortlich, ohne die wiederum die Landwirtschaft nicht überleben könnte. Damit sichern sie das Gleichgewicht in der heimischen Flora. Fast ein Drittel unserer gesamten Nahrungsmittelproduktion ist abhängig von Bestäubung. Inspiriert vom meistverkauften Buch des Jahres 2017, musste der angehende Hobby-Imker nicht lange überlegen, wo eine neue Heimat für Bienen entstehen könnte. "Meine Großeltern haben einen großen Garten mit vielen Obstbäumen und Pflanzen – also alles da, was Bienen brauchen."
Doch neben der Vielfalt von Natur und Nahrung benötigt jedes Bienenvolk außerdem eine eigene Behausung. Dafür gibt es verschiedene Systeme. "Ich habe mich für das sogenannte Dadant-System entschieden, da hier der Brutraum groß und nicht geteilt ist, was die Arbeit mit den Bienen erleichtert und man sie weniger stört." Ein Tischler baute ihm die ersten Beuten (Behausung) als Bienenhäuser, und das erste Bienenvolk erwarb Philipp bei einem erfahrenen Imker aus der Region, der ihm auch als Imkerpate zur Seite stand. "Er konnte mir meine Fragen rund um die Arbeit mit den Tieren beantworten und vor allem auch wichtige Handgriffe in der Praxis zeigen", schaut er auf seine Anfänge zurück. "Die Unterstützung einer erfahrenen Person war anfangs natürlich immens hilfreich."
Jede Saison ist anders
Derzeit geht es für ihn in die nächste Bienen-Saison, deren Ernte aber aufgrund des kalten Winters etwas überschaubarer ausfallen wird. Der Grund: Bienen verlassen nämlich erst ab ca. zehn Grad ihre Beute. "Im April war es häufig zu kalt, da hat sich kaum eine Biene vor die Tür getraut." Normalerweise brummt der Bienenladen von April bis September, und Philipp kontrolliert wöchentlich seine vier Beuten und erntet zweimal im Jahr den goldgelben Honig. Bei seinen Kontrollgängen trägt er Gummistiefel, eine dicke Hose, Handschuhe und professionelle Imker-Schutzkleidung und nähert sich bedächtig der ersten Beute. Bevor er den Kasten vorsichtig mit dem Stockmeißel öffnet, verteilt er mit einem Smoker Rauch. "Im Smoker verwende ich am liebsten Eierpappen und trockenen Grasschnitt. Der Rauch beruhigt die Bienen auf natürliche Weise, sodass ich besser hantieren kann", erklärt der Imker. "Endlich herrscht Hochbetrieb, sodass die Saison doch noch ein gutes Ende finden könnte", freut er sich, hebt mit viel Fingerspitzengefühl den Deckel an, zieht vorsichtig den ersten Rahmen heraus und nimmt ihn genauer unter die Lupe. Mehrere hundert Bienen wimmeln und krabbeln darauf herum, nur wenige suchen ob der Störung das Weite. Von der Königin ist allerdings weit und breit nichts zu sehen. Wozu auch: Wie es sich für eine Royale gehört, scheut sie das Tageslicht und versucht sich den Blicken des Imkers zu entziehen.
Fleißig ist sie aber dennoch. Im Sommer legt sie täglich bis zu 2.000 Eier pro Tag, die als Larven dann in den Waben aus Bienenwachs von Ammenbienen großgezogen werden.
Fleißige Bienchen
Fällt die Ernte schlecht aus, kommt Philipp nur auf wenige Kilogramm Honig. Fällt die Ernte hingegen sehr gut aus, dann sind pro Volk auch mal um die 40 Kilogramm drin. Doch was macht man mit so viel Honig? Neben Eigenbedarf verschenkt der Hobby-Imker den Honig an Familie und Freunde – und überlässt den Bienenvölkern einen Teil als Futter. Der eigene Honig in den Beuten ist für die Bienen wichtig, als Nahrung für den Winter. Da das oftmals nicht reicht, muss er regelmäßig im Spätsommer mit Zuckersirup nachfüttern. Die ebenfalls notwendige Wärme erzeugen Bienen im Winter übrigens selbst, indem sie sich zur sogenannten "Wintertraube" zusammenfinden und gemeinsam mit ihrer Flugmuskulatur zittern.
Bienen sind darüber hinaus sehr reinliche Tiere, die im Laufe ihres Lebens allesamt verschiedene Aufgaben im Stock verrichten. Da die jungen Bienen nicht sofort fliegen können, sind sie erstmal für den "Innendienst" verantwortlich, pflegen die Brut, säubern die Beute oder bauen neue Waben. Sobald sie fliegen können, fungieren sie als Wächter am Einflugloch. Später geht es mit zwischen 20 und 30 km/h raus in die Natur, um Pollen und Nektar zu sammeln. Das geschieht in einem Umkreis von ca. drei Kilometern und ist für die Tierchen durchaus gefährlich. Wechselnde Witterung kann fliegenden Bienen übel zusetzen. Und auch tierische Räuber haben es auf sie abgesehen. Selbst die Besorgung von Wasser für den Bienenstock stellt ein Risiko für die fleißigen Tiere dar. "An heißen Tagen ist der Zugang zu Wasser sehr wichtig für die Tiere. Mit improvisierten Bienentränken – zum Beispiel flache Wasserschalen, gefüllt mit Kieselsteinen oder Moos – kann man das Trinken für die Bienen sicherer machen", erklärt Philipp.
Ein Herz für alle Bienenarten
Ob er Angst davor hat, gestochen zu werden? "Nein. Bienen sind in der Regel friedfertige Tiere", betont der Imker. "Wenn es allerdings um Honig geht, verstehen sie keinen Spaß." So nehmen die Bienen am Frühstückstisch von Marmelade und anderen Süßigkeiten zwar Abstand, ein Honigbrötchen würde sie jedoch anlocken. Philipp hat aber nicht nur ein Herz für seine Bienenvölker, sondern auch für die mehr als 550 Wildbienenarten in Deutschland. Von ihnen sind mehr als die Hälfte bestandsgefährdet und 31 sogar vom Aussterben bedroht. Das gilt besonders für die Solitärbienen. Deshalb wurden im Garten verschiedene Nistmöglichkeiten angelegt, um auch diese wichtigen Vertreter unter den Bienen zu unterstützen. "Wer sich intensiv mit Bienen beschäftigt, der bekommt ein ganz anderes Gefühl für deren Bedeutung in unserer Welt."
Wildes Wissen
Die Honigbiene gilt nach dem Rind und dem Schwein und als drittwichtigstes Nutztier Deutschlands.
Für ein Glas mit 500 Gramm Honig muss ein Bienenvolk rund 5 Millionen Blüten anfliegen und drei Runden um den Äquator drehen – also rund 120.000 Kilometer.
Fotoquelle: Christian Hüller
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