ÖPNV – Garant für Klimaschutz
17. Juni 2021 | Lesezeit: ca. 4 Minute(n)Ein Leben ohne Bus und Bahn? Kaum vorstellbar. Denn der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) prägt die Mobilitätskultur und den Alltag in Deutschland entscheidend mit. In Städten und im ländlichen Raum ist er unverzichtbarer Wirtschafts- und Standortfaktor und zugleich verlässlicher Partner für alle Menschen, die von A nach B kommen möchten. Doch der ÖPNV nimmt auch im Umweltschutz eine Vorreiterrolle ein.
Die Reduzierung der Emission von Treibhausgasen wie Kohlenstoffdioxid (CO2) steht beim Klimaschutz ganz weit oben auf der gesellschaftlichen Agenda. Der Verkehr kann und muss dazu einen wichtigen Teil beitragen. Hier bekommt der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in den Medien negative Noten – allerdings zu Unrecht. Denn auf die dieselbetriebenen Linienbusflotten in Deutschland entfällt weniger als ein Prozent des Endenergieverbrauchs im gesamten Verkehrssektor. Linienbusse sind also nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung bei der Umsetzung der Klimapolitik. Der ÖPNV ist hier mit vorausschauenden Lösungen schon frühzeitig zum Vorreiter geworden.
Die Ökonomin Claudia Kemfert. Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), sieht stattdessen beim Autoverkehr Nachholbedarf – vor allem bei der nachhaltigen Emissionssenkung:
"In der deutschen Verkehrspolitik muss dringend nachgesteuert werden. Das beginnt bei der Verkehrswegeplanung und endet bei der Straßenverkehrsordnung. Beides ist zu sehr auf den Autoverkehr fokussiert. Doch die bisherige autogerechte Gesellschaft muss zur menschengerechten Gesellschaft werden."
Ein klimaschonender ÖPNV kann und muss hier Teil der Lösung sein.
Faire Verkehrspolitik
Das funktioniert jedoch nur, wenn Mobilität für alle attraktiv ist. Das gilt ganz besonders für den öffentlichen Nahverkehr. Denn Busse und Bahnen haben einen maßgeblichen Anteil daran, die anspruchsvollen Umwelt- und Qualitätsstandards zu realisieren und das Verkehrsvolumen weiter zu senken. Wissenschaftliche Daten belegen: Durch die Nutzung von Bus und Bahn anstelle von PKW und LKW können bundesweit bis zu 15 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Um sich ein besseres Bild zu machen: Das entspricht dem jährlichen Verbrauch der Hansestadt Hamburg.
Zudem trägt der attraktive und leistungsfähige öffentliche Personennahverkehr zur sozialen Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft bei. Wer kein Auto besitzt, fährt meist mit Bus und Bahn und ist dadurch trotzdem mobil. Einer von vielen guten Gründen, den ÖPNV noch mehr zu fördern. In Großstädten und Ballungsgebieten, in Kleinstädten und im ländlichen Raum haben sich die individuellen Bus- und Bahnsysteme als nachhaltige Erfolgsfaktoren etabliert. Dementsprechend sollte die Verkehrsverlagerung auf den ÖPNV zu einem festen Bestandteil der Verkehrspolitik werden.
Umweltverträglicher Verkehrsträger
Die E-Mobilität hat sich in der Automobilindustrie zuletzt rasant weiterentwickelt. Entsprechend besitzen alternative Energien auch im öffentlichen Personennahverkehr einen immer höheren Stellenwert. So beziehen erste Verkehrsunternehmen ihren Strom aus erneuerbaren Energien und bauen den bereits bestehenden Klimaschutzvorteil damit kontinuierlich aus. Zum Beispiel sind die Straßenbahnen der Halleschen Verkehrs-AG (HAVAG) im Verbundgebiet des MDV mit Ökostrom unterwegs, den sie als Großkunde von den Stadtwerken Halle beziehen (EVH). In Leipzig wird künftig in strombetriebene Busflotten investiert und auch in den Landkreisen werden zunehmend "grünere" Möglichkeiten der Fuhrparkausrichtung geprüft. Auch in Darmstadt, Freiburg und Ulm rollen die Straßenbahnen mit grünem Strom über die Schienen. Dazu passt, dass das städtische Straßenbild in Zukunft weniger vom Automobil und mehr vom ÖPNV als umweltpolitischem Verkehrsträger geprägt sein soll. Diese Entwicklung kann allerdings nur dann glücken, wenn der ÖPNV mit seinem breiten Spektrum an innovativen Gestaltungsmöglichkeiten und gern auch in Kombination mit Carsharing, Bikesharing und Co. als Kombi zur echten Alternative zum Auto wahrgenommen und akzeptiert werden.
Blick in die ÖPNV-Zukunft
Um den Klimaschutz voranzutreiben, arbeiten Verkehrsunternehmen zusammen mit der Industrie an innovativen Antriebstechnologien. Das Ziel: Fit werden für eine Zukunft ohne das wertvolle Mineralöl, das in konventionellen Motoren verbrannt wird. Dafür sind unter anderem Brennstoffzellenbusse vorgesehen, die mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen auf pflanzlicher Basis betrieben werden können. Erste Tests laufen bereits, wenngleich der ökologische Einsatz erst sinnvoll ist, wenn seine Erzeugung durch regenerative Energieträger erfolgt. Auch die Digitalisierung spielt Verkehrsunternehmen in die Karten. So könnte perspektivisch der Einsatz von autonom fahrenden Kleinbussen für die letzte Meile interessant sein.
Bildquelle: Andreas Lander (DB)
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