Regionalbus Leipzig: Die Leitstelle im Interview

Das Bindeglied zwischen Fahrgästen, Verkehrsplanung und Behörden

19. April 2023 | Lesezeit: ca. 5 Minute(n)
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Die Regionalbus Leipzig GmbH ist ein Verkehrsunternehmen, das mit circa 6.000 Fahrten am Tag auf über 80 Linien den Busverkehr im Landkreis Leipzig zwischen Thallwitz im Norden, Frohburg im Süden, Colditz im Osten und Markranstädt im Westen abdeckt. Die meisten Strecken werden mit Linienbussen befahren. In einigen Regionen können die Fahrgäste RufBusse nutzen. Das Unternehmen unterhält vier Betriebshöfe und zwei Leitstellen für die Betriebssteuerung, eine in Zwenkau und die größte in Deuben bei Wurzen. Letzterer haben wir einen Besuch abgestattet.

Silvio Becker erwartet mich bereits, als ich im Foyer der Leitstelle Deuben eintreffe. Der Leiter der Betriebssteuerung will mir heute seinen Arbeitsplatz zeigen und mir einen Einblick in das heimliche Herzstück des Unternehmens geben. Herr Becker arbeitet seit 2019 auf diesem Posten und ist vorher „ganz normal Linie gefahren“, wie er sagt. Erste Erfahrungen in seinem neuen Aufgabengebiet sammelte er in einer innerbetrieblichen Weiterbildung direkt am System im laufenden Betrieb.

Das neue Verwaltungs- und Zentralgebäude auf dem Betriebshof in Deuben wurde erst vor vier Jahren eingeweiht. Ein klassischer mehrstöckiger Funktionsbau mit einem langen Gang, von dem links und rechts zahlreiche Büros abgehen. Die Schilder an den Türen verraten, dass hier neben der Betriebssteuerung vor allem Verkehrsplaner*innen arbeiten. „Vorher haben die Kollegen und Kolleginnen die Personalplanung nebenbei und für jeden Betriebshof einzeln gemacht. Da gab es keine separate Betriebssteuerung.“ Dass die alte Praxis heute nicht mehr ausreicht, wird nach einem Blick in die Zentrale deutlich.

Regionalbus Leipzig Leitstelle Deuben, Computer, Bildschirme

Es ist kurz vor 14:00 Uhr und gerade Schichtwechsel auf der „Kommandobrücke“. Sechs Personen, im Moment drei Männer und drei Frauen, teilen sich im Schichtsystem die Disponenten-Stellen in Deuben. In der kleineren Betriebssteuerung im Betriebshof Zwenkau sind es deutlich weniger. Die Leitstelle ist wochentags ab 03:30 Uhr und samstags ab 05:00 Uhr bzw. sonntags ab 06:00 Uhr bis jeweils 22:00 Uhr durchgängig besetzt.

Die „Kommandobrücke“ ist in Deuben ein 22 Quadratmeter großer Raum mit zwei Arbeitsplätzen. An jedem Platz stehen vier Monitore, ein Telefon und ein Mikrofon. Von hier aus überwachen die Disponent*innen jede Bewegung im Betriebsgebiet. „Wir sehen hier in Echtzeit, wo sich welcher Bus gerade befindet.“ Dank dieser Daten sieht auch der Fahrgast, beispielsweise in der MOOVME-App, immer aktuell, ob ein Bus pünktlich ist oder wann er eintrifft. Herr Becker zeigt auf einen Bildschirm, der kurz unterhalb der Decke hängt. „Darauf erkennen wir, ob die Fahrer oder Fahrerinnen sich auf ihrem Fahrzeug schon angemeldet haben und ihren Dienst planmäßig antreten können. Sollte das 10 Minuten vor Fahrtbeginn immer noch nicht der Fall sein, fragen wir nach und müssen im Bedarfsfall schnell umplanen.“

Während des Schichtwechsels ist die Stimmung angenehm ausgelassen. Man spürt die Routine und die Ruhe der Mitarbeitenden. „Hellhörig werde ich als Leiter der Betriebssteuerung nur, wenn meine Leute hektisch werden oder es laut wird in der Zentrale. Dann geschieht meistens etwas Außerplanmäßiges und wir müssen schnell reagieren.“ Fällt ein Fahrer oder eine Fahrerin aus oder hat ein Bus einen Unfall, kann die komplette Linie nicht mehr bedient werden. Anders als in der Stadt ist es im ländlichen Raum schwieriger, für die Fahrgäste Alternativen zu finden. Umso wichtiger ist es, dass Silvio Becker und sein Team schnell und unkompliziert Busse umleiten und Fahrer*innen auf neue Linien setzen können.

„Die Leute in meiner Mannschaft sind alle vorher selbst Linie gefahren. Sie kennen die Strecken, die sie betreuen und wissen beispielsweise bei einer Umleitung, ob der Bus dort überhaupt durchpasst oder nicht.“

Dann kommt plötzlich ein Anruf. Eine Fahrerin der Linie 644 meldet, dass ihr schwindelig und unwohl ist. Sie ist gerade mit dem Bus in Brandis unterwegs. Die Kollegin in der Leitstelle weist sie an, sofort rechts ranzufahren. Dann wählt sie den Notruf und schickt den Notarzt zum Bus. „Das Wohl der Kollegen und Kolleginnen und natürlich der Fahrgäste steht für uns an erster Stelle.“ Als Nächstes organisiert die Disponentin einen Ersatz für die Linie. Herr Becker fährt selbst mit dem neuen Fahrer nach Brandis, das nur wenige Kilometer von der Leitstelle entfernt ist, und betreut die Fahrerin, bis der Krankenwagen sie zur Kontrolle ins Krankenhaus mitnimmt und der Bus weiterfahren kann. Nach einer Stunde ist er wieder da. „So etwas kommt zum Glück sehr selten vor. Aber wenn, dann können sich die Fahrer und Fahrerinnen draußen hundertprozentig auf uns verlassen.“

Regionalbus Leipzig, Leitstelle Deuben, Mitarbeiter im Bus

Silvio Becker und sein Team sind das Bindeglied zwischen Fahrplan, Fahrgästen und Behörden. Sie haben alle Vorgaben der Verkehrsplanung auf dem Schirm und dabei immer ein offenes Ohr für Oma Schmidt und Onkel Karl. „Wir nehmen auch die Hotline-Anrufe entgegen. An einem normalen Tag sind das ungefähr 250. Das sind dann beispielsweise Fragen zu Anschlüssen oder Fundsachen.“ Rufbus-Anfragen werden in Deuben nicht entgegengenommen, dafür aber hier koordiniert.

Regionalbus Leipzig, Deuben, Leitstelle, Bordrechner, Bus

Zum Abschluss zeigt mir Herr Becker noch den Bordrechner eines Linienbusses. Er ist sowohl die Kasse als auch die Verbindung zwischen Fahrer*in und Leitstelle. „Über dieses Gerät kommunizieren wir mit den Kollegen und Kolleginnen auf den Fahrzeugen. Wir können sie anrufen oder ihnen Nachrichten schicken, die sie dann bestätigen müssen. Auf dem Display sehen sie alle Haltestellen der Tour mit den jeweiligen Anschlüssen und können genau ablesen, ob sie noch im Zeitplan sind oder nicht.“

Auf dem Weg zurück zur Leitstelle laufen wir über den Hof. Silvio Beckers Telefon klingelt, schon wieder. Ein Kollege will etwas über die neuen Tablets wissen, die bald alle Fahrer*innen bekommen sollen. Becker bittet den Anrufer, kurz zu warten, flüstert mir „Eierlegende Wollmilchsau“ zu, grinst und verabschiedet sich.

Und ich weiß, was er meint. Er und sein Team sind für die Kolleg*innen Ansprechpartner für verschiedene Fragen und, so scheint es, bei der Regionalbus Leipzig GmbH mittlerweile unersetzlich.

Bildquellen: Regionalbus Leipzig & Michael Herrmann

Weitere Beiträge zu diesem Thema: Ein Besuch bei der HAVAG-Leitstelle


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