RufBus: „Wie ein Taxi, nur günstiger“

23. Mai 2023 | Lesezeit: ca. 6 Minute(n)
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Seit Dezember fährt der neue RufBus durch das Wurzener Land. Fahrgäste profitieren von schnelleren und kürzeren Verbindungen. Denn: Einen konkreten Fahrplan gibt es nicht, der RufBus fährt auf Fahrgastwunsch hin jede Haltestelle im festgelegten Gebiet an. Begeistert von diesem Angebot ist die Museumsleiterin des Steinarbeiterhauses in Hohburg, Dr. Katja Martin. Sie nutzt den RufBus täglich. Im Gespräch erzählt sie, dass ihr das sogar schon einen Spitznamen eingebracht hat.

Frau Martin, Sie fahren mit dem RufBus zur Arbeit. Wieso?

Weil ich überzeugte ÖPNV-Nutzerin bin und weil ich keine Fahrerlaubnis habe. Zumindest noch nicht. Ich habe bisher immer in Großstädten gelebt und gearbeitet. Das ging prima ohne Auto.

"Noch" keine Fahrerlaubnis?

Ich hole sie gerade nach, weil sie Voraussetzung für meinen neuen Job war. Ich habe Anfang des Jahres die Leitung des Steinarbeiterhauses in Hohburg übernommen. Im Museums- und Archivwesen ist ein Auto häufig ein Muss, weil man große Mengen Dokumente oder Schriftsätze herumschleppt. Deshalb bin ich da jetzt dran, plane aber, auch in Zukunft nur in Ausnahmefällen mit dem Auto zu fahren. Einfach, weil die Verbindung mit dem RufBus so gut ist.

RufBus in Wurzen
Dr. Katja Martin im RufBus

Sie pendeln täglich zwischen Leipzig und Hohburg?

Genau. Ich wohne in der Innenstadt und fahre mit dem Regionalexpress bis nach Wurzen. Dann steige ich am Bahnhof in den RufBus ein, den ich dahin bestelle und fahre bis Hohburg Linde.

Wie lange sind sie unterwegs?

Rund eine Stunde. Von Wurzen aus sind es noch etwa zehn Minuten. Damit bin ich schneller in Hohburg als mit dem Linienbus. Denn das ist das Schöne: Der RufBus stoppt ja nur bei Bedarf an den Haltestellen. Für mich ist es wie mit dem Taxi zu fahren, nur viel günstiger. Der RufBus kostet ja den normalen MDV-Tarif.

"Ich denke, dass ein RufBus, neben dem Internet-Breitbandausbau, das beste Mittel ist, um Menschen aufs Land zu bringen."

Nutzen Sie das Angebot auch in Ihrer Freizeit? Der RufBus ist immerhin täglich bis 21 Uhr unterwegs.

Meist nur für den Arbeitsweg oder beruflich tagsüber. Mein Arbeitgeber sitzt in Falkenhain, deshalb fahre ich da regelmäßig hin. Es gibt aber keine direkte Verbindung von Hohburg aus. Mit dem Linienbus müsste ich über Wurzen fahren und wäre 45 Minuten unterwegs. Mit dem RufBus kann ich einfach den direkten Weg buchen und bin in zehn Minuten da. Ich hoffe deshalb, dass der RufBus in Zukunft viel genutzt wird. Es wäre ein Alptraum, wenn das Angebot wegfallen würde. Ich denke, dass so ein RufBus, neben dem Internet-Breitbandausbau, das beste Mittel ist, um Menschen in die kleineren Gemeinden aufs Land zu bringen. Ich finde das Projekt deshalb super und rühre gerne die Werbetrommel.

Wie zuverlässig ist der RufBus?

Meine Erfahrungen sind sehr positiv. Einmal kam er fünf Minuten zu spät, meistens ist er aber früher da. Und wartet auf mich. Das ist auch ein großer Vorteil im Vergleich zum Linienbus. Aber man muss auch sagen, dass ich oft allein drinsitze oder mit nur ein oder zwei anderen Personen.

Fahrgäste können 7 Tage bis 30 Minuten vor Start eine Route buchen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Entweder mit dem Telefon, online oder per App. Wie machen Sie das?

Ich habe alles ausprobiert. Die MOOVME-App ist für mich am schnellsten und besten. Dafür musste ich mich einmal anmelden. Das hat fünf Minuten gedauert und ist komplett kostenfrei. Seither geht jede Buchung ganz fix. Am längsten brauche ich, um mir zu überlegen, wann ich am Ziel ankommen will. Auch das Bezahlen ist flexibel möglich, entweder in der App oder später im Bus. Ich habe aber eine Monatskarte, die ich nur vorzeige.

Was machen Sie während der Fahrt?

Das mag kitschig klingen, aber meistens schaue ich wirklich aus dem Fenster. Weil die Landschaft so schön ist. Wir Leipziger sind es ja gewöhnt, dass man aus der Straßenbahn nur bis zu nächsten Häuserfassade blicken kann. Ich genieße deshalb die Fahrten über das Land. Ich kann dabei abschalten und mich entspannen oder ein Hörbuch hören. Ich verreise auch viel mit Zug und Bus.

Wie haben Sie vom RufBus erfahren?

In der Leipziger Volkszeitung stand ein Artikel. Die studiere ich immer für die Arbeit. Auch im MDR habe ich einen Beitrag gesehen. Der Start des Angebots fiel praktisch mit dem Antritt meiner Stelle zusammen, ich bin sozusagen Fan der ersten Stunde. Auch wenn es anfangs bei der Buchung noch ein paar Kinderkrankheiten gab. Manche Verbindungen wurden mir beispielsweise nicht richtig angezeigt. Aber jetzt erlebe ich keine Probleme mehr. Das ganze System ist von der Buchung bis zur Fahrt ausgereift und intuitiv.

"Ich habe kürzlich erfahren, dass ich hier im Ort 'die Busfahrerin' genannt werde."

Was fehlt Ihnen noch am Angebot?

Manchmal gibt es Zeitfenster, in denen eine Fahrt nicht möglich ist. Man kann den Bus nur rufen, wenn der nächste Linienbus mindestens 45 Minuten später abfährt und der vorherige schon seit mindestens 15 Minuten weg ist. Das heißt: Wenn jede Stunde ein Linienbus von der gewünschten Haltestelle abfährt, kann man den RufBus nicht nutzen. Das verstehe ich auch, weil nicht unbegrenzt Ressourcen zur Verfügung stehen. Aber manchmal ist die Taktung der Linienverbindungen so lang, dass ich sehr früh vor Terminen ankomme und warten muss. In Zukunft passe ich, wenn es möglich ist, meine Termine an den Bus an.

Museum Steinarbeiterhaus
Dr. Katja Martin vor dem Museum Steinarbeiterhaus

Haben Sie schon Anderen den RufBus empfohlen?

Ja, einer Kollegin habe ich davon erzählt. Seither fahren wir zusammen, wenn sie zu mir nach Hohburg kommt. Ich denke, der RufBus ist eine reizvolle Sache für alle, die schon in der Stadt gelebt haben und für die der ÖPNV ein gewohntes Fortbewegungsmittel ist. Er bietet sehr viel Mobilität und ich finde es toll, dass man es gewagt hat, hier so ein Konzept durchzusetzen.

Aber?

Ich glaube nicht, dass man eingefleischte Autofahrer dazu bekommt, auf den RufBus umzusteigen.

Wie kommen Sie darauf?

Das ist eine lustige Anekdote: Ich habe kürzlich erfahren, dass ich hier im Ort „die Busfahrerin“ genannt werde. Vielleicht, weil Busfahren einfach nicht so die Domäne der Menschen ist, die hier wohnen. Die allermeisten fahren Auto. Mein für mich normales Verhalten macht mich also zu etwas Besonderem. Ich glaube, eingefleischte Autofahrer werden deshalb nicht so leicht umsteigen. Klar, wenn es mal richtig geschüttet hat, habe ich mich gefreut, wenn ich mit meinem Mann im Auto zur Arbeit fahren konnte. Ansonsten hat es aber keine Vorteile gegenüber dem Bus. Ich habe es sogar schon geschafft, mit RE und RufBus schneller am Ziel zu sein als mit dem Auto. Ich stehe wirklich hinter dem Konzept. Wenn es anstrengend wäre, würde ich es nicht nutzen.

Weitere Informationen zum RufBus-Angebot im Wurzener Land sind unter diesem Link zu finden.

Bildquelle: Dr. Katja Martin


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